Grundsteuer in Absurdistan
Autor
Wolfgang G. Mahrle
Als ich pflichtbewusst im Juli 2022 für unser kleines Erfurter Gartengrundstück die Grundsteuererklärung über ELSTER übermittelte, gab es noch kein Gutachten von Prof. Gregor Kirchhof. Derartige verfassungsrechtliche Bedenken am Bundesmodell der Grundsteuerreform waren mir unbekannt oder noch nicht im Umlauf.
Ich bin ehrlich. Gartengrundstück war es einmal. Seit über 30 Jahren wächst dort was will, ist vollständig der Natur und den Tieren überlassen. Sauerstoff wird produziert und CO2 gebunden.
Im bereitgestellten Grundsteuer Viewer Thüringen wurde der Bodenrichtwert (BRW) mit 1,50 Euro/m2 zum 1.1.2022 angegeben und so durch mich übernommen. Im November 2022 bekamen wir den Bescheid. Darin wurde die Fläche mit einem BRW von 76,20 Euro/m2 (dem 50,8-fachen) multipliziert. Als „Erläuterung“ bekamen wir vom Finanzamt Erfurt serviert: „Der Ansatz für den Bodenrichtwert gemäß Außenbereich und Wertverhältnissen zum 01.01.2022 erfolgt nach § 247 BewG mit dem Umrechnungskoeffizienten.“ Im Einspruch konterten wir: Der Hinweis auf § 247 Bewertungsgesetz (BewG) und einen Umrechnungskoeffizienten erweist sich als Erläuterung wenig hilfreich und unzureichend, weil zwar Abweichungen möglich sind, diese aber nicht durch das Finanzamt erläutert wurden und zudem ein Umrechnungskoeffizient in seinem Wert, seiner inhaltlichen Bedeutung und seiner öffentlich einsehbaren Darstellung nicht angegeben wurde. 780 Tage ist unser Einspruch her. Reaktion – keine.
Unser Gartennachbar hat für sein Grundstück, welches bis auf eine größere Fläche identische Verhältnisse hat und auch im Grundsteuer Viewer mit 1,50 Euro/m2 angeben wurde, seine Erklärung im Januar 2023 abgegeben. Der Bescheid für sein Grundstück setzt lediglich 20,00 Euro/m2 als BRW an. Die Erläuterung: „Ein Bodenrichtwert für Grundstücke im Außenbereich liegt nicht vor. Der Bodenrichtwert ist in diesen Fällen aus dem Wert vergleichbarer Flächen § 247 Abs. 3 BewG abzuleiten. In Ihrem Fall wird der angrenzende Bodenrichtwert von 20,00 Euro/m2 angesetzt.“
Obwohl unserem Gartennachbar die willkürliche Festlegung nicht gefallen hat, denn es gab laut Grundsteuer Viewer kein angrenzendes Grundstück mit 20 Euro/m2 BRW, legte er angesichts seiner schweren Krankheit keinen Einspruch ein. Auf den Bescheiden sind keine Bearbeiter angegeben.
Mein Fazit: Gleiches wird nicht gleich bewertet!
Große, als ein Gebiet zusammengefasste Teile eines Erfurter Ortsteils, in dem auch wir leben, haben einen einheitlichen BRW von 270 Euro/m2. Das betrifft die bebauten Hausgrundstücke als auch separate Gartengrundstücke, die laut Bebauungsplan der Stadt Erfurt nicht bebaut werden dürfen. Trotzdem wurde die Fläche mit diesem hohen BRW multipliziert, da im Viewer als „baureifes Land“ qualifiziert. Der Einspruch der betroffenen Grundstückseigentümer, die dem Autor namentlich bekannt sind, folgte umgehend. Antwort des Finanzamtes Erfurt – keine.
Gleichwohl bleibt das Thema bei den Betroffenen stets im Blick, zumal gerade die Grundsteuerbescheide der Stadt Erfurt eingetroffen sind. In der Lokalzeitung wird von einer Verschiebung der Last innerhalb des Grundsteueraufkommens hin zu den Eigenheimen gegenüber den Gewerbeimmobilien von inzwischen 6 Millionen Euro geschrieben. Die Regierung unter MP Ramelow als auch der alte Landtag hatten eine mögliche Landesregelung, die sog. Öffnungsklausel, unterlassen und damit zum Nachteil der Eigenheimbesitzer gehandelt.
Noch halb in der Schockstarre der städtischen Bescheide mit erhöhtem Hebesatz der Grundsteuer B von 565 % wagt die Grundstückseigentümerin einen Blick in das Bodenrichtwert- Informationssystem Thüringen (BORIS TH) und stellt für den Stichtag 1.1.2024 fest, dass plötzlich ein Bodenrichtwert von 23,00 Euro/m2 für das Gartengrundstück angegeben wird. Auch jetzt zeigt der Viewer dagegen noch immer 270 Euro! Und das war ja die Berechnungsgrundlage. Auch BORIS gibt für den Stichtag 1.1.2022 die 270 Euro an!
Mein Fazit: Hier zeigt sich, wie manipulativ die Bodenrichtwerte sind, die zu Recht im Gutachten von Prof. Kirchhof kritisiert werden.
Und das ist bis zur Erläuterung des Gegenteils meine Meinung zu den zwei Beispielen:
Die BRW scheinen gewürfelt zu werden. Die grobe und undifferenzierte Grenzziehung von Bodenrichtwertarealen ist geeignet, den Eigentümern viel Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Festlegung von BRW und deren Arealen ist für die Betroffenen zu einem vollständig transparenten, dauerhaft nachvollziehbaren und kostenlos einsehbaren Verfahren umzugestalten.
28.3.25
Das neue Schuldenpaket, welches mit dem noch alten Bundestag abgestimmt worden ist, bringt eine hohe Neuverschuldung mit sich. Hier lesen Sie die Meinung des Bund der Steuerzahler e. V. dazu.
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Während der Teilnahme an der Thüringen Messe, konnten hunderte Bürgerinnen und Bürger erreicht werden. Ein Rückblick.